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    Die Riesenmuschel
von Sascha Kellersohn
 
In der westlichen Welt rankten noch bis zur heutigen Zeit viele Gerüchte und Horrormärchen um die Riesenmuscheln. Immer wieder hört man auch den Namen Mördermuschel, der wohl auf Seemansgarn und Horrorgeschichten
Riesenmuschel
 © Peter Kölbl
zurück zu führen ist, die von Ungeheuern sprechen, die mit ihren zahnbesetzten Kiefern nach Menschen und Tieren schnappen und sie in die Tiefe und so in den sicheren Tod reißen. Alle diese Geschichten entstammen natürlich der Illusion. Das mag auch der Grund dafür sein, warum eine wissenschaftliche Auswertung der einzelnen Arten zum größten Teil erst nach 1970 stattgefunden hat. Der asiatische Kulturkreis hingegen schätzt die Riesenmuschel schon seit langer Zeit als Nahrungs- und Produktquelle. Das Fleisch der Muschel wird dort als Delikatesse gehandelt und aus den Schließmuskeln wird ein fast unbezahlbares Aphrodisiakum gewonnen. Insgesamt sind bis zum heutigen Zeitpunkt neun Arten der Familie der Tridacnidae (Riesenmuscheln) bekannt. Durch die nachfolgenden Erklärungen und Beschreibungen sollte es auch einem Laien möglich sein, diese voneinander zu unterscheiden und zu bestimmen. Wichtigste Bestimmungsmerkmale bilden dabei die Schalen und die Mantellappen.

 
  Systematik der Riesenmuscheln

Stamm: Weichtier - Moluska
Klasse: Muscheln - Bivalvia
Ordnung: Venusmuscheln - Veneroidea
Überfamilie: Herzmuscheln - Cardiacea
Familie: Riesenmuscheln - Tridacnidae
Arten: Große Riesenmuschel - Tridacna gigas
  Schuppige Riesenmuschel - Tridacna squamosa
  Grabende Riesenmuschel - Tridacna maxima
  Eingewachsene Riesenmuschel - Tridacna crocea
  Tridacna derasa
  Tridacna tevoroa
  Tridacna rosewateri
  Hippopus hippopus
  Hippopus porcellanus

 
   
  Mit freundlicher Genehmigung von Daniel Knop www.knop.de  
  Tridacna crocea

Diese ist die kleinste Art der Riesenmuscheln und erreicht eine Größe von bis zu 15 cm. Man findet T. corocea an hellen und flachen Bereichen des Riffes, wo sie meist in riesigen Populationen von bis zu 200 Exemplaren pro Quadratmeter auftreten kann. Ihre Schale ist sehr feingerippt und glatt. Am oberen Rand der Muschel findet man meist wenige Reihen mit dünnwandigen Schuppen, die sehr zerbrechlich sind. Teilweise hat diese Muschel einen orange-gelblichen Innenrand, der gut bei eingezogenen Mantel zu erkennen ist. Das äußere Aussehen gleicht einer Feilenartigen Struktur, die diese Muschel auch für ihre Zwecke einsetzt. Durch ruckartiges Zusammenziehen der Schalen "feilt" die Muschel immer wieder an Ihrer kalkhaltigen Umgebung. Sie nutzt dabei noch eine weitere Eigenschaft. T. corocea sondert im Bereich ihrer Byssisöffung eine organische Säure ab, die eine kalklösende Wirkung hat. So kann sie sich immer weiter in das Riff "hineinfeilen". Die Mantelfarbe reicht von braun bis leuchtend türkis. Verbreitung: Thailand bis Neu-Kaledonien.

 
  Tridacna squamosa

Diese Art erreicht eine Größe von bis zu 40 cm Schalenlänge und verfügt über eine Schuppenreiche Schale. Die gut erkennbaren Schuppenreihen ziehen sich von unten bis an den oberen Rand über die gesamte Muschelschale. Die mitunter recht großen Schuppentaschen bieten anderen Lebewesen, wie Schwämmen und Wirbellosen einen maritimen Siedlungsraum. Der Abstand zwischen den einzelnen Schuppenreihen ist recht groß. Die Schalen haben eine symmetrische Schalenform und sind meistens weiß oder weißgelblicher Farbe. Verbreitung: Rotes Meer, Ostafrika bis Polynesien.

 
  Tridacna maxima

Diese Art erreicht eine maximalle Schalengröße von bis zu 40 cm ist aber für gewöhnlich wesentlich kleiner. Die Schalen sind nicht symmetrisch und zu den Enden hin verlängert. Wie T. squamoso besitzt diese Art auch schuppen, die jedoch wesentlich enger zueinander stehen und auch nur am oberen Wachstumsbereich zu finden sind. Die weiter unten gelegenen Bereiche der Schalenhälften sind glatt oder leicht geriffelt. Meist lebt diese Muschel in großen Kolonien und gräbt sich in den Sand ein oder ist an toten Korallengestein angeheftet. Verbreitung: Rotes Meer, Ostafrika bis Polynesien.

 
  Tridacna derasa

Diese Muschel ist nach der T. gigas die zweitgrößte Art dieser Familie. Ihre Schalen erreichen eine Größe von bis zu 60 cm und haben eine relativ glatte Oberfläche. Beim Schließen der Schale greifen die Zähe exakt ineinander. Anstelle der Byssusöffung ist nur ein schmaler Spalt vorhanden. Der Mantel hat eine irisierende blaue oder grüne Färbung. Die Schale von T. derasa weißt sechs bis sieben Vertikalfalten auf, die ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur T. gigas bieten, die nur vier bis fünf solcher Falten aufweißt. Verbreitung: Australien, Philippinen und Indonesien.

 
  Tridacna gigas

Dies ist die Größte aller Riesenmuscheln und erreicht eine Schalengröße von bis zu 120 cm. Jüngere Tiere werden oft mit T. derasa verwechselt, bei denen die typischen Merkmale noch nicht voll entwickelt sind. Ausgewachsen ist die Unterscheidung recht einfach aufgrund der Größe und der Tatsache, das sich die Schalen an der Oberkante nicht vollkommen schließen lassen. Außerdem besitz T. gigas nur vier bis fünf Vertikalfalten. Lebt vorwiegend im flachen Wasser der Riffe in Korallensand und Geröll. Verbreitung: Andaman See bis Südsee und Japan bis Australien.

 
  Tridacna tevoroa

Eine der seltensten Arten der Riesenmuscheln, die eine Größe von bis zu 50 cm erreicht. Die nur wenig gezahnten Muscheln haben eine nur sehr geringe Wölbung der Schalen und wirken sehr flach. Die Vertikalfalten sind ebenfalls sehr flach geformt und greifen aber sehr gut beim Schließen der Schalen ineinander. Die Außenschale ist glatt und an der Unterseite nahe des Gelenkes befindet sich eine dunkelrote Bänderung. Die Mantellappen sind dunkel, fast schwarz und mit Noppen besetzt. Der Mantel ragt nicht über die Oberkannten der Schalenhälften hinaus. Vorkommen: Ausschließlich in Tonga und bei den östlichen Fiji Inseln.

 
  Tridacna rosewateri

Diese Art wurde erstmalig 1991 beschrieben und lebt in einem nur sehr kleinem eng umschriebenem Gebiet um Mauritius im Indischen Ozean. Es ist noch nicht sehr viel über diese Art bekannt, da man bis zum heutigen Zeitpunk nur Schalen aber noch kein lebendes Tier gefunden hat. Die Schuppen stehen fast waagerecht von den Schalen ab und sind wesentlich länger als die der T. squamosa. Die Radialfalten sind besonders stark entwickelt.

 
  Hippopus hippopus

Diese Art unterscheidet sich deutlich von den Tridacnidae-Arten und besitzt eine sehr starke fast runde Wölbung nach Außen. Die Schalen werden bis zu 40 cm lang und haben typische rote Querstreifen. Anders als bei den Tridacna-Arten besitzt diese Art eine deutliche Zahnung an der Byssusöffnung. Der Mantel ist eher unauffällig grünlich oder braun gefärbt und ist von einer Linienzeichnung überzogen. Die Mantellappen hängen nicht über die Schalenränder hinaus. Verbreitung: Thailand bis Vanatu.

 
  Hippopus porcellanus

Diese der H. hippopus sehr ähnliche Art wird bis zu 40 cm groß und hat ebenfalls keine überhängende Mantellappen. Jedoch hat diese Muschel wesentlich glattere Schalenhälften ohne Querschuppen. Die Eingangssyphonöffung bildet einen Kranz von Papillen und Tentakel. H. porcellanus lebt vorwiegend auf sandigen Bereichen des Meeres. Der Mantel ist etwas auffälliger gefärbt als der Mantel von H. hippopus. Verbreitung: Japan, Philippinen und Palau.

 
  Hippopus porcellanus

Diese der H. hippopus sehr ähnliche Art wird bis zu 40 cm groß und hat ebenfalls keine überhängende Mantellappen. Jedoch hat diese Muschel wesentlich glattere Schalenhälften ohne Querschuppen. Die Eingangssyphonöffung bildet einen Kranz von Papillen und Tentakel. H. porcellanus lebt vorwiegend auf sandigen Bereichen des Meeres. Der Mantel ist etwas auffälliger gefärbt als der Mantel von H. hippopus. Verbreitung: Japan, Philippinen und Palau.

 
  Die Fortpflanzung

Wie die meisten höheren Meereslebewesen vermehren sich auch Riesenmuscheln getrenntgeschlechtlich. Doch haben sie ein Handicap, das es zu überwinden gilt, denn die Partner können sich nicht aufeinander zu bewegen, aber wie funktioniert dann die Fortpflanzung? Riesenmuscheln geben zu einem bestimmten Zeitpunk Eier und Spermien in das Wasser ab, man spricht vom sogenannten Freilaichen. Um die Abgabe von Eiern und Spermien auf einen genauen Zeitpunkt zu synkronisieren haben die Muscheln im Laufe der Evolution einen Botenstoff entwickelt, der von anderen Muscheln über das einströmende Wasser Chemorenzeptoren passiert, die das Vorhandensein des Botenstoffes über das Nervensystem direkt an die Zerebralganglien (eine Art einfaches Gehirn der Muscheln) weiterleitet. Dies verursacht ein rhythmisches Zusammenziehen der Schalen wenn der Botenstoff wahrgenommen wird. Nach einigen leeren Kontraktionen wird die Muskulatur der Gonaden soweit stimuliert, das sie sich ebenfalls zusammenziehen und die Keimzellen abgeben, die dann über den Wasseraustausch der Muschel in das freie Wasser ausströmen. Mit den Keimzellen werden weiter Botenstoffe ausgesandt, damit andere Muscheln in der Umgebung nicht zu früh ihre Keimzellenabgabe einstellen. Da Riesenmuscheln simultane Hermaphroiden sind, können sie sowohl Eier als auch Spermien abgeben, jedoch verhindert eine biologische Sperre das gleichzeitige Abgeben beider Erbinformationen um eine Weiterentwicklung verschiedener Erbinformationen zu gewährleisten. Doch dieses Freilaichen hat den Nachteil, das sehr viele befruchtete Eizellen Freissfeinden zum Opfer fallen. Diesen Nachteil gleichen die Muschel mit einer Abgabe von mehr als 500.000 Eiern pro Eiabgabe aus. Nach der Befruchtung durchläuft das Ei ein Planktonstadium und treibt ca. 12 Stunden durch das freie Wasser bis eine Larve daraus schlüpft, die sofort damit beginnt Kalkschalen zu produzieren. Nach ca. zwei Tagen besitzt die Muschellarve eine Größe von 1/10 Millimeter und ernährt sich von Mikroplankton. Nach etwa einer Woche lässt sich die Larve komplett auf den Meeresboden nieder. Sie wird aber noch eine ganze Zeit ihre Standorte wechseln bevor sie nach drei bis vier Wochen eine Metamorphose zur Riffmuschel durchmacht. Die Riesenmuschel hat in dieser Phase eine Größe von 10 Millimetern. Erst nach Jahren sind sie dann fähig Spermien zu produzieren um dann wiederum selbst am Fortpflanzungsprozess aktiv teilzunehmen.

 
  Ernährung

Schon während des Larvenstadiums legt die Riesenmuschel einen Grundstein für ihre spätere Ernährung . Mit der Aufnahme von Plankton werden auch sog. Zooxanthellen aufgenomen, die jedoch im Gegensatz zum Plankton nicht verdaut werden sondern sich in Gewebespalten im Inneren der Muschel, aus denen sich später die Mantellappen entwickeln, ansammeln. Die voll entwickelte Riesenmuschel speichert ihre einzelligen Symbiosealgen unter ihrem Mantellappen. Durch die Photosynthese der Algen erhält die Muschel Nahrungsmolekühle, die der Ernährung dienen. Diese Art der Nahrungsgewinnung stellt einen großen Anteil des Nahrungsbedarfes da, dennoch filtern die Riesenmuscheln kleinste Planktonteile, sogenanntes Nanoplankton, zur Ernährung aus dem Wasser. Werden die im Wasser befindlichen Planktonteile zu groß, werden sie von der Muschel nicht verwertet sondern gesammelt als Planktonklumpen aus dem Muschelinneren regelrecht ausgehustet.

 
     

Riesenmuschel Mantellappen hängt nicht über Schalenrand Byssusöffnung schmal Mantellappen hängt über Schalenrand Byssusöffung breit Byssusöffnung spaltförmig mit gezahntem Rand Glatte  Schale ohne Schuppen und tiefe Rippen Schale mit Schuppen oder Rippen Einströmsyphon mit Tentakelsaum Einströmsyphon hat keinen Tentakelsaum Byssusöffnung ohne gezahnten Rand Einströmsyphon hat keinen Tentakelsaum Einströmsyphon hat Tentakelsaum Kaum lange Schuppen, Schale hat feilenähnliche Querrippen Lange dichte Schuppenreihen am Oberrand, untere Schalenhälfte glatt Lange Schuppen mit großen Abständen von Unterseite bis Oberseite Hippopus porcellanus Hippopus hippopus Tridacna tevoroa Tridacna gigas Tridacna derasa Tridacna crocea Tridacna maxima Tridacna squamosa